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Abraham Geiger (1810-1874): Rabbiner in Wiesbaden – großer Gelehrter - Pionier des jüdisch-christlichen Dialogs

Vortrag von Dr. Wolf-Rüdiger Schmidt

11. Oktober 2012

Raum 22 - 19:30 Uhr
Rathaus, Wiesbaden


Weithin unbekannt ist in der hessischen Landeshauptstadt, dass der große Vordenker des liberalen Judentums Abraham Geiger (Porträt links) 1832 zweiundzwanzigjährig zum Rabbiner der „israelitischen Gemeinde“ des seinerzeit noch sehr dörflich geprägten Wiesbadens  berufen wurde. Damals hatte Geiger gerade erst eine prämierte Promotion über den Propheten Mohammed geschrieben, die ihn zum Wegbereiter der modernen Islamwissenschaft machte. Später veröffentlichte er viele Schriften, die ihn als herausragenden Pionier des Versuchs eines frühen jüdisch-christlichen Dialogs auszeichnen.

Geiger stammte aus einer alten jüdischen Familie Frankfurts. Sein Vater Michael Lazarus war dort ein streng gläubiger Vorbeter, seine Mutter Röschen eine geborene „Wallau“. Bereits den jungen Geiger trieb ein starkes Bedürfnis nach Wissen „im Geiste der jetzigen Bildung“ an. Seine wegweisenden wissenschaftlichen Schriften zu einem neuen Verständnis auch der christlichen Frühgeschichte wurden seinerzeit von einer meist antisemitisch durchwachsenen christlichen Theologie kaum gewürdigt.  Mehr als 100 Jahre vor anderen begann Geiger damit, christliche Grundtexte aus jüdischer Perspektive historisch-kritisch zu lesen. Diese „Umkehrung des Blickwinkels“ führte bereits damals zu provozierenden Erkenntnissen über „Jesus als Juden“ und darüber hinaus zu einem völlig neuen Bild der in der Kirche oft verachteten „Pharisäer“.  

Abraham Geiger, dem es zeitlebens gegen vielerlei Widerstände aus den eigenen Reihen darum ging, „Judenheit neu und frisch zu gestalten“, war zwar durchaus an der Bewahrung des traditionellen orthodoxen Rahmens des herkömmlichen Judentums interessiert. Zugleich jedoch wurde er wie kein anderer im 19. Jahrhundert zum Fürsprecher einer „Fortentwicklung des Judentums“ bis hin zur Reform des Synagogengottesdienstes. Nicht zuletzt kämpfte er für die Gleichberechtigung der jüdischen Religion mit anderen Konfessionen.

Nach dem Rabbinat in Wiesbaden, das Geiger irgendwann als „zu eng“ erschien, führte ihn sein Weg über Breslau und Frankfurt schließlich nach Berlin. Dort wurde er 1872 zum Gründer der weltweit ersten „Hochschule für die   Wissenschaft des Judentums“. Seit 2001 trägt das einzigartige Rabbinerseminar an der Universität Potsdam  seinen Namen.  - Geiger könnte im 21. Jahrhundert zu einem starken Impuls für all diejenigen werden, die nach den Katastrophen des 20. Jahrhunderts an einem neuen, vertieften Dialog über die oft verblüffende Nähe und zugleich bleibende Distanz zwischen dem jüdischen und dem christlichen Glauben elementar interessiert sind.

Dr. phil. Wolf-Rüdiger Schmidt, geb. in Wiesbaden, Studium, zunächst Mathematik und Physik, dann ev. Theologie, Dr. phil., Journalist seit 1964, Fernsehredakteur (ZDF), Redaktionsleiter im Bereich Kultur und Wissenschaft (1989- 2002).

Wolf-Rüdiger Schmidt hat sich als Theologe und Journalist besonders mit der Geschichte des Judentums im 19. Jahrhundert befasst und ist Autor von Publikationen und Fernsehsendungen zur Geschichte des Judentums. Er ist Mitglied im Vorstand der GCJZ.

Filme u.a.: Frühling in Galiläa; Letzte Tage in Jerusalem; Diesseits der Todeslinie – Dietrich Bonhoeffers Weg in den Widerstand. Sendungen zu jüdischen Feiertagen.
Buchveröffentlichungen u.a.: Der Mann aus Galiläa - Suche nach einem Unbekannten, 1990; zus. mit I. Pollatscheck: Der brennende Dornbusch. Glanz und Elend der Juden in Europa; zus. mit H. Düringer u.a.: Der etwas andere Blick auf die Schöpfung – Interdisziplinäre Versuche im Dialog zwischen Naturwissenschaft und Religion, 2007; zus. mit H. Düringer/ H.Meisinger: Das rätselhafte ICH. Neurowissenschaft und Evolutionsbiologie, 2010.

Gemeinsam mit der Jüdischen Gemeinde Wiesbaden