GCJZ Wiesbaden siteheader

Gesellschaft CJZ Wiesbaden e.V.

Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Wiesbaden e.V.
Haus an der Marktkirche, Schlossplatz 4
65183 Wiesbaden

Fon 0611 / 734242-21

E-Mail info@gcjz-wiesbaden.de (ACHTUNG: Neu!)
Homepage www.gcjz-wiesbaden.de          

Bankverbindung: Naspa Wiesbaden
IBAN: DE76 5105 0015 0109 0278 71

"Davon habe ich nichts gewusst!" - Die Nachkriegskarriere von Ernst-Wolfgang Topf in Wiesbaden

Vortrag von Dr. des. Philipp Kratz

15. Januar 2019


Stadtmuseum am Markt - 19.00 Uhr
Marktplatz 3 (Marktkeller), Wiesbaden


Im Rahmen der Belgleitveranstaltungen zu der vom Wiesbadener Stadtmuseum
noch bis zum 27.01. gezeigten Ausstellung:
"INDUSTRIE UND HOLOCAUST. Topf und Söhne – Die Ofenbauer von Auschwitz"

Als Experte für die Aufarbeitung der NS-Geschichte in Wiesbaden hat sich Dr. des. Kratz auch mit dem Nachkriegs-Werdegang von Ernst-Wolfgang Topf, einem der Hauptverantwortlichen der Firma Topf & Söhne, intensiv beschäftigt.

Von 1939 bis 1945 arbeitete die Firma Topf & Söhne mit der SS zusammen und fertigte Verbrennungsöfen für die Vernichtungslager sowie Be- und Entlüftungsanlagen für die Gaskammern. Damit verstrickte sich das Unternehmen in die Schuld am Massenmord in den nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslagern. Geschäftsführer in dieser Zeit waren die Brüder Ernst-Wolfgang und Ludwig Topf. Letzterer nahm sich 1945 das Leben in dem Bewusstsein, ein anständiger Mensch gewesen zu sein. Ernst-Wolfgang Topf verlegte den Firmensitz nach 1945 nach Wiesbaden, während die Produktionsstätte in Erfurt als Volkseigener Betrieb weitergeführt wurde.

In der hessischen Landeshauptstadt konzentrierte sich Topf zunächst auf die Konstruktion und Vermarktung von Einäscherungsöfen für kommunale Friedhöfe, später lediglich auf den Vertrieb von Müllverbrennungsanlagen. Seine Beteiligung an den Massenverbrechen kam zwar nach 1945 durchaus zur Sprache, doch juristisch belangt wurde der Firmenchef dafür nie. Dass er von dem tatsächlichen Zweck der errichteten Spezialkrematorien und der Lüftungsanlagen für die Gaskammern nichts gewusst habe, bildete den Grundpfeiler seiner Verteidigung vor den juristischen Instanzen. Diese Apologieformel des Nicht-gewusst-Habens steht beispielhaft für den persönlichen Umgang vieler Deutscher mit ihrer Mitwisserschaft an den NS-Verbrechen.

Der Fall Topf zeigt aber auch, wie nachlässig gerade in den fünfziger Jahren gegenüber möglichen NS-Tätern ermittelt wurde. Darüber hinaus werden im Vortrag die Fragen behandelt, warum Ernst-Wolfgang Topf seine Nachkriegskarriere in Wiesbaden startete und warum er sich dabei ausgerechnet auf den Krematoriums-Ofenbau konzentrierte – und nicht auf ein weniger von der NS-Vergangenheit kontaminiertes Geschäftsfeld aus dem ehemals breiten Portfolio des Erfurter Großunternehmens.

Der Referent
Nach einer Ausbildung zum Koch studierte Dr. des. Philipp Kratz Geschichte und Sozialwissenschaften in Bochum und Frankfurt am Main und wurde 2016 in Jena promoviert. Anfang 2019 wird seine Dissertation "Eine Stadt und die Schuld. Wiesbaden und die NS-Vergangenheit seit 1945" erscheinen. Er arbeitet als Lehrer in Wiesbaden und als Dozent an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. "Ich beteilige mich gerne am Begleitprogramm der Ausstellung, da das Nachdenken über die Schuld der Firma Topf & Söhne dabei helfen kann, klarer zu sehen, wie wir heutzutage verantwortungsvoll leben und arbeiten wollen."

Eintritt 5 € / 3 €